Das Problem des Wesens ist seit Platon, Aristoteles und Thomas von Aquins Jugendschrift ‚De Ente et Essentia‘ ein Grundproblem der Philosophie. Angesichts der Bestreitung der Wesenserkenntnis durch Denker wie Hume, Kant oder Popper verteidigen heute nur wenige Philosophen eine Erkenntnis des objektiven Wesens der Dinge. Auch die phänomenologische Methode Husserls begann zwar mit einer Begründung der Erkenntnis objektiver notwendiger Wesenheiten, endete jedoch mit deren radikaler Subjektivierung. Seifert bewegt die phänomenologische Bewegung vom späteren Subjektivismus ihres Begründers Husserl weg und stellt sie wieder auf den Boden einer objektivistischen Metaphysik, die eine moderne Rehabilitierung und personalistische Wende der klassischen Tradition der Philosophie von Platon bis Leibniz bedeutet. Gerade eine strengere phänomenologische Methode der Rückbesinnung auf das leibhaftig selbst Gegebene als Husserl sie praktizierte, führt nach Seifert zu einem Ausweg aus der Sackgasse des Subjektivismus neuzeitlicher Philosophie, der auch Heideggers ‚Sein und Zeit‘ kennzeichnet.

Das einzigartige und auf das Wesen der Dinge unzurückführbare Phänomen realer Existenz erfährt dabei eine eingehende Untersuchung, und die ungenügenden und unrichtigen Kantischen, Husserlschen, Schelerschen, Heideggerischen und Gilsonschen Bestimmungen der Wirklichkeit durch Zeitlichkeit, Widerständigkeit oder einen falschen Gegensatz zwischen Sein und Wesen werden überwunden. Der jeweils verschiedenartige Primat des Wesens und der des Seins wird im Rahmen einer sorgfältig ausgewogenen Metaphysik begründet. Das vorliegende Buch – zusammen mit ‚Essere e persona‘ (1989) und ‚Gott als Gottesbeweis‘ (1996) – darf wohl als der umfassendste Versuch der Begründung einer objektivistischen und realistischen Metaphysik seit langem angesehen werden. Viele Einsichten der Phänomenologen und der Leibnizschen Schule werden hier von den Sachen selbst her zu einer sehr neuartigen metaphysischen Gesamtkonzeption zusammengeführt.