‚Leben‘ und ‚Seele‘ in den altgermanischen Sprachen

Studien zum Einfluss christlich-lateinischer Vorstellungen auf die Volkssprachen


1. Edition, 1991
448 Pages

ISBN: 978-3-8253-4416-0
Product: Book
Edition: Softcover
Subject: Germanistik
Series: Skandinavistische Arbeiten, Volume No.: 11

Keywords: Mittelhochdeutsch, Althochdeutsch, Altenglisch, Latein, Germanische Sprachen, Sprachgeschichte, Volkssprache, altnordisch, Spätmittelalter, historische Sprachforschung, Kirchenlatein, Mittelalter


In allen germanischen Sprachen gibt es ein Wort für ‚Leben‘, das seit dem Spätmittelalter überall verschwindet und nur noch im hochkonservativen lsländischen und in einzelnen Mundarten weiterlebt: *ferh-, altengl. feorh, althochdt./altsächs. ferah, mittelhochdt. verch und altnord. fjor, denen das got. fairh/us *Welt* entspricht. Diese Wörter sind total verdrängt worden, sei es nun durch das engl. life, das skandinavische Iiv (isländisch Iif) und den substantivierten deutschen Infinitiv Leben (niederl. leven) oder auch durch das engl. soul, dt. Seele, skand. sjoel (isl. sál) and ånd (isl. önd) usw. Wie kommt es zu dieser erstaunlichen Entwicklung?

Ein wesentlicher Grund dafür ist offenbar, daß *ferh- den hochabstrakten Gehalt von lat. vita (zumal im christlichen Zentralbegriff vita aetema) und ebenso den der unkörperlichen und unsterblichen anima des Menschen nicht voll erfassen konnte, da dem Wort zuviel Konkretes anhaftete: so meint es gelegentlich ‚Blut‘, ‚F|eisch‘ oder eine nicht näher bestimmbare ‚Lebenssubstanz‘, in bayrisch-österreichischen Mundarten bis in die Gegenwart hinein die Gebärmutter einer trächtigen Kuh.

Die vorliegende Arbeit versucht, diesen Umschichtungsprozeß nachzuzeichnen und dokumentiert dabei besonders die Einflüsse des Kirchenlateins.