Euphêmia, wörtlich „die gute Rede“, ist der Versuch, durch Sprache die Realität zu manipulieren. Die Verwendung ‘guter’ Worte soll, zumal in rituellen Situationen, bei Gebeten oder Opferzeremonien, Glück verheißen, die Wirklichkeit soll sich der Rede angleichen. Im Gegenzug gilt die Forderung nach euphêmia jedoch auch der Abwehr der ‘schlechten’, unglückverheißenden Rede, die durch die gute Rede annulliert, zum Schweigen gebracht werden soll. Das verbreitete Verständnis dieses Phänomens als ‘heiliges’ oder ‘andächtiges’ Schweigen ist allzusehr durch christliche Vorstellungen geprägt und kann die kulturelle Reichweite der flexiblen Redeordnung, die euphêmia etabliert, nicht erfassen.
Im Spannungsfeld von Sprachmagie und rhetorischem Euphemismus untersucht die vorliegende Studie in literarischen und philosophischen Texten der griechischen Antike den doppelten Diskurs, den euphêmia markiert: das Zugleich von Reden und Schweigen, das Verschwiegene als die andere Seite des Ausgesprochenen. Euphêmia verweist somit auf die Grenze zwischen dem sozial Verträglichen und dem gesellschaftlichen Tabu. Entlang dieser Grenze treten diejenigen kulturellen Felder in den Blick, die durch eine euphemistische Redeordnung kontrolliert und beschönigt werden müssen: der Tod, das Opfer oder die Unreinheit. Das Buch versammelt Lektüren zu Homer, Hesiod, Pindar, den Dramatikern des 5. Jahrhunderts sowie zu Platon.

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Antje-Marianne Kolde in: Revue de philologie de littérature et d´histoire anciennes, 2012, LXXXVI, 1, 165f

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Eva Stehle in: Gnomon, Bd. 86 (2014), Heft 3, 197ff

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Koen Vanhaegendoren in: L´Antiquité Classique, 82 (2013), 399f

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Juan Antonio López Férez in: Emerita, LXXXI 2 (2013), 388ff